„Ich sag dir mal was über diese Leute …“
Vor meinem inneren Auge lehne ich mich auf meinem Stuhl zurück, greife mir eine Handvoll Popcorn aus der Schüssel und schlürfe an einer Cola mit Schirmchen. Familienfeiern sind bei uns immer ein Spektakel.
Bei besagten Familienfeiern treffen alle paar Monate all diejenigen aufeinander, die sich sonst das ganze Jahr aus dem Weg gehen:
Meine Eltern, die seit Jahrzehnten in irgend so eine Freikirche gehen.
Zwei hyperfeministische Cousinen.
Opa, der den guten alten Zeiten nachtrauert.
Dazu kommt mein Bruder, der sich freitags lieber auf die Straße klebt, statt in die Schule zu gehen, und meine Tante, die irgendwas mit Esoterik am Hut hat.
Ein Cousin im Teenageralter, für den es nichts Wichtigeres als seinen Fußballverein gibt, und mein anderer Opa, der Wissenschaftler und daraus resultierend überzeugter Atheist ist.
Und schließlich gibt es natürlich noch mich. Wie ich mich beschreiben soll … ich bin mir nicht sicher. Das einzig sichere ist, dass ich Christen genauso wenig leiden kann wie meine restliche Verwandtschaft. Nichts gegen meine Eltern an sich. Aber was ihre Ansichten (und vor allem wie sie diese vertreten) angeht, sind sie dann doch eher Aliens, die auf ihrem eigenen Planeten bleiben sollten.
Kommt dir diese Situation bekannt vor? Sei es in der Familie, am Mittagstisch mit den Kollegen oder im Gespräch mit den Kommilitonen zwischen den Vorlesungen: Oft führen all die unterschiedlichen Weltanschauungen und Überzeugungen vor allem zu Konflikten und einem gestörten Miteinander. Doch was soll man schon machen, wenn diese Leute so vollkommen verdrehte Ansichten haben und nicht mit sich reden lassen? Sollten wir etwa den Mund halten und sie weiter Irrsinn reden lassen?
Vielleicht stoßen dir die letzten Sätze sauer auf, und du denkst dir: Sollte man in so einem Artikel wirklich diese Worte benutzen? Gibt es nicht eine liebevollere Art, miteinander umzugehen?
Und du hast vollkommen recht.
Traurigerweise ist einer der häufigsten Gründe, weshalb sich Menschen vom Glauben abwenden oder gar nicht erst dazu hinwenden, dass sie schlechte Erfahrungen mit Christen gemacht haben. Zu oft herrscht die Überzeugung, dass Christen die Feinde sind, von denen es sich fernzuhalten gilt, weil sie lieblos anderen die Wahrheit um die Ohren hauen.
Wie also können wir mit Menschen, die vollkommen andere Überzeugungen haben als wir, in ein ehrliches, sinnvolles Gespräch kommen?
Indem wir erst einmal tief Luft holen, einen Schritt zurücktreten und uns beruhigen.
Wir müssen (neu) verstehen, dass unser Gegenüber nicht unser Feind ist. Wir wollen nicht Diskussionen dominieren – sondern einen Menschen für Jesus gewinnen, weil er das Beste ist, was jemandem passieren kann.
Statt jemanden also pauschal für das zu verurteilen, was er denkt, müssen wir versuchen zu verstehen, weshalb er so denkt.
Wenn wir das tun, werden wir merken, dass wir alle im Grunde die gleichen Fragen im Leben stellen. Daniel Strange, der Autor von Wie Glaube magnetisch wird, spricht von Juckreizen („itches“), an denen jeder Mensch rumkratzt. Wir alle versuchen, Antworten auf diese Lebensfragen zu finden, sei es innerhalb religiöser Weltanschauungen oder nichtreligiöser Weltanschauungen.
Im Gesamtblick, so Strange, gibt es fünf solcher Juckreize – Lebensfragen, die sich jeder Mensch bewusst oder unbewusst stellt – und um genau diese geht es in unserem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
1. Lebensfrage: Bin ich Teil von etwas Größerem?
Erinnerst du dich an die ersten Wochen des diesjährigen Sommers? Die Chancen stehen gut, dass auch du mit schwarz-rot-goldenen Streifen auf den Wangen vor dem Fernseher gesessen hast – warum?
Weil Deutschland bei der Fußball-EM im eigenen Land angetreten ist.
Vielleicht interessiert dich Fußball aber auch gar nicht, sondern man findet dich als Naruto auf einer Anime-Convention, im Dirndl beim Fest der Freiwilligen Feuerwehr oder in der Schlange vor dem Apple-Store.
Was haben all diese Dinge miteinander zu tun?
Sie alle versuchen die Sehnsucht zu stillen, Teil von etwas Größerem zu sein. Je nachdem, was für ein Typ Mensch man ist, sucht man an einer bestimmten Stelle nach Zugehörigkeit – aber die Sehnsucht danach verbindet uns alle. Und das ergibt auch Sinn.
Gott hat uns nicht zum Mittelpunkt des Universums bestimmt. In der Weite seiner Schöpfung ist jeder Einzelne von uns nur einer von Milliarden Menschen, von Abermilliarden geschaffenen Wesen – ein Staubkorn im Vergleich zu Gottes Größe. Und doch –
Und doch sind wir auch Teil von etwas Großem: Jeder von uns gehört fest zu Gottes Schöpfung und hat einen Platz darin, keiner ist obsolet. Und als Christen gehören wir der weltweiten Familie Gottes an. Weil Christus in uns lebt, haben wir als Christen Anteil am Größten überhaupt: Gott selbst.
Unsere Identität liegt also in ihm und in der Beziehung zu ihm.
Das Problem ist, dass wir Menschen von Natur aus von Gott wegrennen und daher unsere Identität und Zugehörigkeit überall dort suchen, wo wir sie nicht finden können.
Dieses Dilemma – die Suche nach dem, was nur Gott geben kann, abseits von Gott – wird auch in der Autobiographie Eine völlig neue Leidenschaft von Becket Cook deutlich. Der Sprecher und Autor gehörte früher der LGBTQ-Bewegung an – was für ihn von vornherein ausschloss, dass Gott die Antwort auf seine Lebensfragen haben oder sogar sein könnte:
„Es machte für mich keinen Sinn, [in die Kirche] zu gehen. Erstens glaubte ich nicht einmal an Gott. Zweitens gab es da diesen kleinen Fehler mit der Homosexualität. Als schwuler Mann war Gott für mich nie eine Option gewesen, da er so etwas nicht gutheißt. Ende der Geschichte.“
Becket erzählt weiter, dass Interesse an der Kirche für ihn einem Verrat gleichgewesen wäre – denn er persönlich hatte von Christen sein Leben lang vor allem Ablehnung und Ausgrenzung erfahren. In starkem Gegensatz dazu stand für ihn, wie ihm die LGBTQ-Community begegnete – hier war er unter Gleichgesinnten, die ihre Lebensweise (oder wie sie es verstanden: ihre Identität) feierten und gemeinsam auslebten.
„Von Ende der 1990er bis Mitte der 2000er Jahre waren meine Freunde und ich auf allen Gay-Pride-Paraden in Los Angeles, San Francisco oder New York, je nachdem, wo wir uns in diesem Jahr gerade befanden. (…) Ich war begeistert von ihnen, weil ich das Gefühl hatte, Teil von etwas Größerem als mir selbst zu sein: Teil einer wichtigen Bewegung. Ich erinnere mich, dass ich, als ich auf einer der Paraden in New York war, ein bemerkenswertes Gefühl von Schwindel und Hochgefühl verspürte.“
Die Lebensfrage „Bin ich Teil eines großen Ganzen?“ beschäftigt jeden von uns, den einen mehr, den anderen weniger. Sei es dein eigenes Leben oder das deines Nächsten: wenn du genau hinschaust und nachfragst, wirst du sehen, dass vieles, was wir sagen oder tun, auf diese Sehnsucht zurückzuführen ist. Versuch doch mal, in deinem nächsten Gespräch mit deinem Nächsten darauf einzugehen, was ihm wichtig ist und warum es ihm wichtig ist. Vielleicht bietet sich ja auch die Möglichkeit, darüber zu reden, inwiefern wir Menschen wirklich kleine Sandkörner im Universum bzw. Teil eines großen Ganzen sind.
2. Lebensfrage: Wer bestimmt, wie ich lebe?
Die Frage, ob es eine Art gibt, wie wir zu leben haben, betrifft viel mehr Bereiche unseres Lebens, als es sich auf den ersten Blick vermuten lässt.
Als Christen ist es für uns relativ normal zu fragen, „Wie will Gott, dass ich lebe?“ – aber die Lebensfrage „Wer bestimmt, wie ich lebe?“ wird selbst in bei Kleinigkeiten wie der Frage „Plastikstrohhalm oder Papierstrohhalm?“ beantwortet. Inwiefern?
Daniel Strange beschreibt das ganze Thema so: In unserem Leben steht ständig zur Frage, welche Art zu leben akzeptabel ist. Dabei gibt es (1) moralische Fragen, (2) philosophische Fragen und (3) Fragen, die als moralisches Prinzip deklariert werden. Zum Beispiel:
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- (1) Moralische Fragen:
• War es richtig, dass Will Smith bei der Oscarverleihung Chris Rock eine Ohrfeige gab, um seine Frau zu verteidigen?
• Ist es gerechtfertigt, dass Superhelden bei ihrer Selbstjustiz über dem Gesetz stehen? - (2) Philosophische Fragen:
• Gibt es einen objektiven Sinn im Leben?
• Was muss ich erreichen, um glücklich zu leben? - (3) Fragen, die als moralisches Prinzip deklariert werden:
• Darf man noch Plastikstrohhalme verwenden oder nur noch Papierstrohhalme?
• Muss ich das Statement „love is love“ unterstützen?
- (1) Moralische Fragen:
Jeder von uns, jede Gesellschaft und jede Kultur lebt nach einem bestimmten Standard, der vorgibt, wie man zu leben hat. Als Christen wissen wir, dass dieser Standard von Gott allein festgelegt wird und ihn ehrt.
Aber in der Welt sieht es anders aus. Natürlich, wenn Gott und sein Wort abgeschafft werden, gibt es keine Basis mehr für das, was richtig und falsch ist. Die Grenzen verschwimmen. Wahrheit wird unscharf. Und: Wenn wir nicht von Gottes Liebe und dem Bewusstsein seiner Vergebung geprägt sind, begegnen wir Verstößen gegen die Normen mit der Cancel Culture – wer sich falsch verhält, wird verurteilt, bloßgestellt, ausgegrenzt.
Die Diskrepanz zwischen dem, was wir als Christen als Standard kennen, und dem, was die Gesellschaft zur Norm erhoben hat, wird immer größer:
Auf der einen Seite stehen Gott und sein Gebot, zuerst ihn und dann die Menschen um uns herum zu lieben. Er fordert uns auf, einander zu dienen und den anderen höher zu achten als uns selbst.
Auf der anderen Seite stehe „ich“ – meine Vorlieben, meine Interessen, mein Glück. Die neue Norm ist, dass jeder so leben darf, wie er oder sie will. Objektive Wahrheit wurde aus Toleranzgründen abgeschafft und alles ist erlaubt, solange man als Resultat ein glückliches Leben führt. Gleichzeitig bestimmt die Gemeinschaft, was richtig oder falsch ist: Papierstrohhalm oder Plastikstrohhalm? Fremdarbeitskräfte rein oder raus? Schlankheitsideal oder „Alle Körper sind schön“?
Kurz gesagt: Gott hat uns dazu geschaffen, zu seiner Ehre zu leben. Das gibt uns einen klaren Standard, wie wir zu leben haben und was das Ziel unseres Lebens ist. Fällt das weg, bleibt die Lebensfrage offen, wie wir unser Leben gestalten sollen. Dann nehmen wir selbst, ein Hobby oder eine andere Person den Platz ein, der allein Gott gebührt – nämlich den Mittelpunkt unseres Lebens, den wir verehren und für den wir leben.
Becket Cook kam zum damaligen Zeitpunkt zu dem Ergebnis, dass der richtige Weg zu leben der sei, eine tolle Beziehung zu führen. Romantik würde der Schlüssel zu einem glücklichen Leben sein. Seine Freunde fanden auf die Frage nach der richtigen Lebensart die umfassendere Antwort: Karriere und Beziehung.
„Nein, Gott war nicht auf unserem Radar, nicht einmal annähernd. Uns ging es um zwei Dinge und nur um zwei Dinge: Erfolg in unserer Karriere und Erfolg in unserer Liebe. Eine tolle Karriere und eine romantische Liebe waren unsere Daseinsberechtigung. Beides war gleichermaßen wichtig und erforderte eine beträchtliche Menge an Energie.
Obwohl auch ich ziemlich ehrgeizig war, konzentrierte ich meine Zeit und Energie mehr auf Beziehungen als auf die Karriere. Ich glaubte, dass es im Leben darauf ankäme, ‚den Richtigen‘ zu finden (…). Ich wusste, dass jemand da draußen mich retten und meinem Leben einen Sinn geben würde.“
Da Gott für mich nicht in Frage kam, war die Liebe eines anderen Menschen das einzige Heilmittel, das ich für die Sehnsucht meiner Seele finden konnte. Und so bestand meine Aufgabe in der Welt darin, diese überwältigende Liebe zu finden und diese Glückseligkeit zu erfahren.“
Es ist nicht verwunderlich, dass der in Sünde gefallene Mensch Gott als Autorität ablehnt – aber die Lebensfrage, wer unser Leben denn regelt, wird dadurch nicht irrelevant.
Weil wir uns als Christen Gott unterordnen, ist es oft nicht leicht, diejenigen Menschen zu lieben, die Gottes Herrschaft nicht anerkennen. Die Schwierigkeit, dennoch miteinander in Beziehung zu treten, ist real – denn wir müssen die Wahrheit in Liebe verkünden. Weder die Wahrheit noch die Liebe dürfen allein dastehen. Und das ist oft nicht leicht.
3. Lebensfrage: Wer oder was rettet mich?
Durch den Sündenfall befindet sich die Welt in einem Zustand, in dem sie nicht sein sollte, und unser Leben ist aus den Fugen geraten. Das ist kein Geheimnis, weder für uns Christen noch für Nichtchristen.
Aber während wir als Christen sowohl den Grund als auch die Heilung für die Entstellung der einstmals perfekten Welt kennen, ist das für die Menschen, die die biblische Wahrheit von Sünde und Vergebung durch Christus aus ihrem Leben ausschließen, nicht klar.
Sie müssen sich die große Frage stellen: Warum ist die Welt zerbrochen? Und noch wichtiger: Wer oder was rettet mich?
Diese Lebensfrage findet sich sowohl im kleinen als auch im großen Kontext – die Frage nach Erlösung reicht von „Wie überstehe ich diesen Tag?“ bis hin zu „Ich werde sterben; kann ich davon errettet werden?“.
Wir sind konfrontiert mit den Fragen:
Was gibt meinem Leben Sinn und eine Daseinsberechtigung?
Wer oder was kann die Leere in meinem Leben füllen?
Wie können wir dem Bösen in der Welt die Stirn bieten?
Gibt es Heilung für unsere kaputten Beziehungen?
Was gibt echte Hoffnung?
Ist dieser tägliche Überlebenskampf alles oder gibt es da noch mehr?
Das Leben mit Gott ist zwar nicht perfekt (da wir immer noch in einer sündigen Welt leben), aber grundsätzlich geprägt von Sinn und Glück, Vergebung für uns selbst und andere sowie Hoffnung auf Gerechtigkeit. Wer sich jedoch gegen Gott entscheidet, sucht die Erfüllung dieser Sehnsüchte natürlich an anderer Stelle – wo sie aber nicht auf Dauer zu finden ist.
Wenn wir das Leben unserer Nächsten betrachten, werden wir vermutlich viel von dem wiederfinden, was auch Becket Cook über sein Leben berichtet:
„Da Gott für mich nicht in Frage kam, war die Liebe eines anderen Menschen das einzige Heilmittel, das ich für die Sehnsucht in meiner Seele finden konnte.“
„Nach mehreren gescheiterten Beziehungen und einer allgemeinen Verärgerung über den Sinn des Lebens beschloss ich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich war mir sicher, dass jemand mit einem Doktortitel einige Antworten haben würde. Ich wollte mich auch selbst kennenlernen, denn ich dachte, dass ich vielleicht gerade aus diesem Grund existiere: Um mich selbst so vollständig wie möglich kennenzulernen, um zu verstehen, wie ich tickte, und um meinen verschiedenen Problemen auf den Grund zu gehen. Vielleicht war das Leben wirklich nichts anderes als eine Reise zur Entdeckung des Selbst.“
„Ich dachte, diese brillanten Leute [, die Theaterstücke aufführen,] würden mir durch ihr intelligentes und komplexes Werk helfen, zu einer Art Wahrheit zu gelangen. (…) In diesen Stücken wurden oft die ultimativen Fragen angesprochen, aber letztlich konnten sie nie wirklich beantwortet werden.“
Die Sehnsucht nach Rettung wird auch in den Filmen deutlich, die wir schauen – nicht umsonst dominieren gerade jene Blockbuster die Kinoprogramme, in denen es einen (Super-)Helden gibt, der gegen einen Schurken kämpft, die Welt von einer drohenden Gefahr rettet oder Rache an Verbrechern übt. In ähnlicher Weise finden Teenager ihre wahre Liebe, Sportler überwinden alle Hindernisse, die ihnen im Weg stehen, und Todkranke erfahren doch noch eine wundersame Heilung – wir sehnen uns nach einem Happy End. (Ein sehr spannendes Buch in diesem Zusammenhang ist übrigens Hollywood Heroes – How your favourite movies reveal God von Frank Turek).
Wenn wir also unseren Nächsten verstehen wollen, hilft es, einen Blick dafür zu entwickeln, wo er Erlösung sucht: Erlösung aus Leid, aus der Suche nach Sinn und Glück, aus Ungerechtigkeit. Manchmal liegt die Sehnsucht tiefer verborgen, aber letztlich hat jeder Mensch Lebensumstände, die nach Erlösung schreien.
4. Lebensfrage: Wie kann ich mein Leben selbst in die Hand nehmen?
An die Frage nach der Erlösung schließt sich diese Lebensfrage an: Wie kann ich mein Leben selbst in die Hand nehmen? Kann ich mein Leben überhaupt in der Hand haben oder bin ich nur ein Spielball des Universums/einer höheren Macht?
Wir leben und erleben unser Leben auf zweierlei Weise: Bis zu einem gewissen Grad haben wir durchaus Einfluss darauf, aber nicht alles liegt in unserer Hand. Aus christlicher Sicht wissen wir das durch den freien Willen, den Gott uns gegeben hat, und seine Souveränität zu erklären – wir befinden uns in einem Spannungsfeld.
Sehen wir uns auf Social Media um, wird schnell deutlich, dass gerade diese Lebensfrage heutzutage aktueller ist denn je:
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- Fridays for Future versucht, auf den Klimawandel Einfluss zu nehmen und die Erde für zukünftige Generationen zu retten – gleichzeitig gibt es Menschen, die sich bereits zur „letzten Generation“ zugehörig fühlen und eine Rettung der Erde weitestgehend ausschließen.
- Insbesondere der jungen Generation wird vermittelt, dass sie alles und jeder sein bzw. werden können, was sie wollen. Während das bei der Studien- und Berufswahl tatsächlich ein Privileg ist, das es vor fünfzig Jahren noch nicht gab, nimmt diese Idee in anderen Bereichen propagandamäßige Formen an: Plötzlich kann man auch das andere Geschlecht, oder gar kein Geschlecht, oder ein Furry sein. „Sei du selbst“, „Dein Leben liegt in deiner Hand“ und „Du kannst alles sein“ ist die Devise, die alle Regeln und Vorgaben aufhebt. Doch was wie Freiheit klingt, bringt Verwirrtheit und Verzweiflung. Denn wer bin ich, wenn ich „alles“ sein kann und alles subjektiv ist, wenn es keine tatsächliche Wahrheit gibt?
- Weiterhin wird die Sehnsucht, das Leben zu beeinflussen, in einer New-Age-Lehre deutlich, die in den Sozialen Medien immer mehr an Beliebtheit gewinnt: Manifestation. „Manifestation“ bedeutet, dass man angeblich alles erreichen kann, indem man fest genug daran glaubt, es „über sein Leben ausspricht“ und es einfach vom Universum einfordert – sei es Erfolg, Gesundheit oder der perfekte Partner.
Natürlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten bzw. Versuche, die Welt zu beeinflussen, etwa durch Teilhabe an der Politik, Therapie, Selbstjustiz, Geld, Gebet (an einen Gott, das Universum oder die Vorfahren) und so weiter.
Auf welche Art versucht dein Nächster, sein Leben oder die Welt zu beeinflussen? Im Gegensatz zur vorherigen Lebensfrage ist diese hier leichter zu erkennen, weil die Absicht häufig deutlicher proklamiert wird und die Sehnsucht nach Kontrolle nicht so verborgen ist. Hast du schon mal mit anderen darüber geredet, wie du Gottes Handeln in deinem Leben erfährst? Konntest du ihnen mal erzählen, was es bedeutet, mit Jesus zu leben – nämlich nicht Unterwerfung unter einen tyrannischen Diktator, sondern Unterordnung unter einen liebevollen Vater?
5. Lebensfrage: Gibt es eine höhere Macht?
In seinem Lied Imagine singt John Lennon:
„Imagine there’s no heaven.
It’s easy if you try.
No hell below us,
Above us, only sky.”
„Stell dir vor, dass es keinen Himmel gibt.
Es ist ganz leicht, wenn du es versuchst.
Keine Hölle unter uns,
über uns nur das Firmament.“
Diese Zeilen sind wohl weltweit bekannt und werden zigtausend-fach nachgesungen – und doch fällt es uns Menschen schwer, wirklich daran zu glauben. Das ist nur verständlich, denn in der Bibel lesen wir, dass Gott uns die Ewigkeit ins Herz gelegt hat (vgl. Prediger 3,11). Auch die Natur selbst ist ein laut schreiender Zeuge für einen transzendentalen Schöpfer:
„Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündigt das Werk seiner Hände. Es fließt die Rede Tag für Tag, Nacht für Nacht tut sich die Botschaft kund. Es ist keine Rede und es sind keine Worte, deren Stimme unhörbar wäre. Ihre Reichweite erstreckt sich über die ganze Erde, und ihre Worte bis ans Ende des Erdkreises. Er hat der Sonne am Himmel ein Zelt gemacht.“
(Psalm 19,2–5)
In Römer 1,19–20 geht Paulus sogar so weit, dass er sagt, kein Mensch habe eine Entschuldigung, Gott zu leugnen, weil er sich so deutlich in seiner Schöpfung offenbart. Auch das Gewissen ist ein Beweis dafür, dass es Gott gibt (vgl. Römer 2,14–15).
Egal, wie sehr die Menschen es also leugnen, im Inneren wissen sie, dass es eine höhere Macht gibt. Manche lassen diese Macht unbenannt und verstehen sie als unpersönliche Kraft, andere nennen sie Allah oder Poseidon, wieder andere übertragen die Verantwortung für die Welt dem Universum. Manch einer geht von einem Uhrmacher-Gott aus, ein anderer von Schicksal, bei wieder einem anderen wird der Zufall personifiziert und zum Schöpfer erhoben.
Ähnlich ist es mit der Ewigkeit nach dem Tod – zwar mag sie so manch einer leugnen, aber die Angst vor dem Tod spricht gegen ihre Annahme, dass nach dem Tod „nichts“ kommt. Die einen glauben an Allahs Paradies, die anderen an einen abstrakten Himmel, wo jeder reinkommt, wieder andere setzen ihre Hoffnung auf eine Wiedergeburt.
Die Natur, Kunst oder Musik werden zu transzendentalen Ereignissen, „heilige Orte“ haben eine besondere „Aura“ und Geister werden befragt, um Klarheit über das Leben zu erlangen.
Auch Becket Cook, der (bevor er Christus kennenlernte) beileibe kein spiritueller oder religiöser Mensch war, beschreibt genau dieses Phänomen:
„Kunst hat mich oft auf diese Weise bewegt. Ich wurde um Haaresbreite vom Boden gehoben, während ich diese außergewöhnlichen Werke bestaunte. Ich fühlte eine Art Verbindung zum Spirituellen – ja Kunst war für mich eine spirituelle Erfahrung. Museen und Theater waren die Tempel meiner Wahl, meine Orte der Anbetung. Und obwohl diese Anbetung manchmal transzendent und erhaben war, erreichte sie nie ganz das Antlitz Gottes, wenn man so will.“
Weißt du schon, wie dein Gegenüber über Gott und die Ewigkeit denkt? Auf wen oder was setzt dein Arbeitskollege oder Nachbar seine Hoffnung? Von wem erhofft sich deine Mutter oder Schwester Antworten auf ihre Lebensfragen?
6. Machbar gemacht: Wie gehe ich mit anderen Überzeugungen um?
Vielleicht hat Daniel Strange recht mit seinen fünf großen Lebensfragen, die die Menschen unserer Umgebung umtreiben. Seine Beispiele sind überzeugend, aber wie hilft uns das für unsere Alltagsmission?
Als Kinder Gottes wissen wir, dass die nichtchristlichen Menschen in unserem Umfeld an all den falschen Stellen nach den Antworten auf ihre Lebensfragen suchen – und das müssen wir ihnen um ihrer selbst willen bewusst machen! Schließlich gibt es nichts Besseres für sie, als Jesus Christus zu kennen und in einer lebensverändernden Beziehung mit ihm zu leben.
Jesus Christus ist der Einzige, der bei all diesen „Juckreizen“ wirklich helfen kann.
Wir verkünden keine Lehre, keine neue Methode, keine Idee – wir verkünden eine Person! Jesus Christus ist die Antwort auf jede einzelne dieser Lebensfragen:
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- Jesus Christus bietet uns Verbindung, Beziehung, Anschluss – durch ihn werden wir Teil eines großen Ganzen, nämlich der Familie Gottes.
- Jesus Christus ist die Norm für Gerechtigkeit und das Vorbild dafür, wie wir leben sollen.
- Jesus Christus ist der Erlöser – zu allererst aus der Sünde heraus, aber auch aus der Sinnlosigkeit, aus der Suche nach Liebe und Glück, aus der Verzweiflung über Ungerechtigkeit.
- Jesus Christus ist derjenige, der die Kontrolle über alles hat, der die Welt und unser Leben lenkt, während wir immer noch einen freien Willen behalten.
- Jesus Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, der einzig wahre Gott, und der, dem wir nach dem Tod gegenüberstehen.
Auch wenn dein Nachbar, Freund oder Bruder sagt, dass er glücklich ist und erfüllt lebt, wissen wir, dass das nicht der Fall ist. Wir wissen das, weil wir zur Ehre Gottes und für die Gemeinschaft mit ihm geschaffen sind – nichts anderes kann uns also erfüllen und ein wirklich sinnhaftes Leben führen lassen.
Nicht jeder ist bereit, sich diesen Lebensfragen zu stellen – viele lenken sich ab, schieben die Fragen beiseite oder betäuben sich durch Karriere, Beziehungen und Hobbys. Manche stellen sich diese Fragen, suchen aber an den falschen Stellen nach Antworten.
Als Alltagsmissionare haben wir also unterschiedliche Aufgaben:
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- Wir wollen die Menschen finden, die bereit sind, sich mit diesen Lebensfragen zu beschäftigen und die Antworten bei Gott zu suchen.
- Wir müssen verstehen, welche Fragen unser Gegenüber bewegen oder welche Antworten er gefunden zu haben meint – nur dann können wir wirklich mit der Wahrheit anknüpfen.
- Wir müssen diese Fragen offenlegen und Menschen auf liebevolle, aber bestimmte Weise mit der Tatsache konfrontieren, dass die Fragen noch immer nicht befriedigend beantwortet sind.
- Und schließlich müssen wir Antworten geben. Wir dürfen die Fragen nicht nur offenlegen, sondern wir müssen bereit sein, von Gott gegebene Gelegenheiten zu nutzen und die biblische Wahrheit klar zu verkündigen.
Es ist selbstredend, dass das alles nur unter Gebet möglich ist. Dass es lange dauert und viel Kraft braucht. Manchmal sehen wir lange keine Frucht in unserer Alltagsmission, manchmal braucht es viel Zeit, bis wir diese Fragen offenlegen können oder bis unser Nächster bereit ist, sich mit den Fragen und Antworten zu beschäftigen.
Aber lass dich ermutigen!
Gott will, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und dass sie eine Beziehung zu seiner Ehre mit ihm beginnen. Deshalb ruft er auch heute noch Menschen zu sich, er verändert ihre Herzen – und er will DICH gebrauchen, um sie zu erreichen!
Entmutigung ist die Waffe Satans – also gib ihr keinen Raum in deinem Leben, in deinem Herzen, in deinem Denken! Bleib fest im Gebet für deine Nächsten und tausche dich mit anderen Christen aus. Betet füreinander, ermutigt einander und haltet den Blick fest auf Jesus Christus, den wir verkündigen.
Zuletzt noch ein ermutigender Gedanke, den der Straßenevangelist Ray Comfort in einem Interview weitergegeben hat:
Als Christen sind wir wie eine Kellnerin im Restaurant. Wenn sie Gäste sieht, die fein angezogen sind und wie wichtige Personen wirken, hält sie sich nicht schüchtern zurück. Sie fragt: „Was kann ich Ihnen bringen?“ – weil sie weiß, dass diese Menschen mit einem Bedürfnis gekommen sind und sie das hat, was dieses Bedürfnis stillen kann. Genauso wissen auch wir, dass die Menschen in unserem Umfeld sich nach Gott sehnen, nach ihm suchen, nichts mehr brauchen als ihn. Und wir kennen ihn! Wir können sie mit Gott bekannt machen. Deshalb brauchen wir uns nicht zu schämen und keine Angst zu haben.
Liebe ist die treibende Kraft in allem, was wir tun. Weil Gott uns und andere liebt, lieben auch wir. Paulus schreibt, dass es die Liebe Christi ist, die uns drängt (vgl. 2. Korinther 5,14). Wir sollen das, was die Menschen um uns herum denken, sagen und tun, nicht gutheißen, wenn es Gottes Wort widerspricht. Aber wir müssen sie lieben.
Becket Cook, der über viele Jahre Christen als seine Feinde ansah, erzählt, dass die Begegnung mit seiner strenggläubigen, evangelikalen Schwägerin Kim der Höhepunkt einer jeden seiner Weihnachtsferien war, denn:
„Ihre Liebe zu mir änderte sich nicht, ganz gleich, ob ich in diesem Moment in einer Beziehung mit einem Mann war oder nicht. Mit anderen Worten, sie verweigerte mir ihre Liebe nicht aufgrund der Art und Weise, wie ich mein Leben lebte. Sie hat über die Jahre hinweg zwei wichtige Dinge getan: Sie hat mich bedingungslos geliebt und ohne Unterlass für mich gebetet! (…)
Die Art und Weise, wie Kim mich im Laufe der Jahre behandelte, schuf ein tiefes Vertrauen zwischen uns. Ich wusste, dass ich ihr alles sagen konnte und nicht verurteilt wurde. Ich schätzte es, dass sie ihre Überzeugungen als Christin unverblümt vertrat, aber nicht versuchte, mich mit diesen Überzeugungen zu erdrücken.“
Wie sinnvoll und ermutigend ist also der Ratschlag, den Ray Comfort zum Thema Evangelisation (sei es bei einem Straßeneinsatz oder in unserer Alltagsmission) gibt:
„Bete nicht für weniger Angst. Bete für mehr Liebe, denn die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“
(Ray Comfort)
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