Der Yellowstone-Nationalpark in den Vereinigten Staaten genießt unter Biologen einen ganz besonderen Ruf. Zum einen, weil er 1872 als weltweit erster Nationalpark gegründet wurde. Zum anderen, weil er auf eindrucksvolle Weise zeigt, wie dicht verwoben das Netz der Natur ist.
Mitte der 1920er-Jahre wurden im Yellowstone-Park die letzten Wölfe ausgerottet. Da es damals auch nur noch wenige Grizzlybären gab, hatten die Wapiti-Hirsche fast keine natürlichen Fressfeinde mehr. Erst in den 80er-Jahren begann sich die Bärenpopulation durch gezielte Artenschutzmaßnahmen zu erholen. 1995 wurden erstmals wieder Wölfe in den Park eingeführt. Damit näherte sich das Ökosystem des Parks wieder seinem natürlichen Zustand an – mit erstaunlichen Folgen.
Das Ökosystem kommt ins Gleichgewicht
Zuerst ging die Hirschpopulation zurück. Das gab der Pflanzenwelt eine Chance, sich zu erholen. Pappeln und Weiden begannen wieder zu wachsen. Das kam den Singvögeln zugute, die wieder in größerer Zahl nisten konnten. Auch Beerenbüsche wuchsen vermehrt und erweiterten das Nahrungsangebot für Vögel und Säuger. Hasen und Nagetiere nahmen zu, wovon auch kleine Fleischfresser wie Füchse und Dachse profitieren. Die entlang der Wasserläufe wachsenden Bäume erlaubten es Bibern, sich wieder auszubreiten. Biber sind ihrerseits Schlüsselarten. Das heißt, dass sie durch ihren Dammbau Lebensräume für Fische, Amphibien, Reptilien und Wasservögel schaffen. Langfristig könnten die neue Ufervegetation und die Biberdämme sogar den Lauf von Bächen und Flüssen ändern.
Die Natur leidet unter Zerstörung
Als Biologe liebe ich die Natur in all ihrer Schönheit und Komplexität. Ich genieße es, wenn Grünfink und Girlitz vor meinem Fenster singen und ich bin immer wieder begeistert davon, wie in der Natur alles mit allem zusammenhängt. Gleichzeitig bin ich tief traurig darüber, wie kaputt diese wunderbare Natur an vielen Stellen ist.
Gleichzeitig bin ich tief traurig darüber, wie kaputt diese wunderbare Natur an vielen Stellen ist.
Von den Feldlerchen, die im Flug so einzigartig und ausdauernd singen, gibt es in Deutschland heute nur noch halb so viele wie vor dreißig Jahren.. Andere Arten der Agrarlandschaft, wie Rebhuhn oder Kiebitz, haben in derselben Zeit bis zu 90 % ihres Bestandes verloren. Auf der ganzen Welt roden wir Menschen Wälder, legen Feuchtgebiete trocken und verschmutzen Flüsse und Seen. Mit jedem Hektar Land, das wir der Natur entreißen, stirbt ein bisschen Schönheit. Natürlich gibt es viele legitime Gründe, die Natur zu nutzen. Menschen brauchen Nahrung, Kleidung und Rohstoffe. Ich frage mich nur: Ist es nicht irgendwie möglich, unsere Bedürfnisse zu stillen, ohne die Natur vollends zu zerstören?
Der Mensch hat eine Verantwortung
Ich bin nicht nur Biologe, ich bin auch Christ. Mein Glaube hilft mir, den größeren Kontext meiner Forschung zu verstehen. In ihm finde ich die Begründung, warum meine Arbeit wichtig ist, und die Hoffnung, dass sie nicht vergeblich ist. Was meine ich damit?
Die Bibel berichtet davon, dass Gott uns Menschen den Auftrag gegeben hat, die Erde „zu bebauen und zu bewahren“ (Die Bibel: aus 1. Mose 2,15). Er hat uns seine wunderbare Schöpfung anvertraut, damit wir sie gerecht und respektvoll verwalten. Wir haben eine Verantwortung gegenüber unserem Schöpfer, genauso gegenüber unseren Mitgeschöpfen – Menschen, Tieren und Pflanzen. Diese Verantwortung motiviert mich in meiner Arbeit. In meiner Forschung beschäftige ich mich damit, wie Landwirte gut wirtschaften, genügend Nahrung produzieren und gleichzeitig natürliche Ressourcen schonen und die Artenvielfalt bewahren können.
Der Glaube macht Hoffnung
Als Naturschutzbiologe bekomme ich viel davon mit, wie schnell wir die Natur kaputtmachen. Das ist oft frustrierend und manchmal beängstigend. Als Christ darf ich aber auch wissen, dass Gott eine neue Erde schaffen wird, auf der Mensch und Natur im Einklang miteinander und mit ihrem Schöpfer leben werden. Das entlässt uns zwar nicht aus unserer Verantwortung für unsere jetzige Erde. Aber diese Perspektive bewahrt vor der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, die viele Umweltschützer empfinden. Gott macht einmal alles neu. Und ich freue mich schon darauf, in dieser neuen Welt wieder Biologe zu sein!
Daniel Vedder studierte in Würzburg Biologie und promoviert derzeit am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Er forscht über die Auswirkungen der Europäischen Agrarpolitik auf die Artenvielfalt. Er ist Mitglied einer internationalen Kirchengemeinde.
2 Kommentare zu “Mit jedem Hektar Land stirbt ein bisschen Schönheit”
Hallöchen Daniel,
schöner Kommentar…und schönes Motto für Dein Berufsleben “Bewahren & Hoffen”… Gutes gelingen für Deine Promotion. 🙂
Beste Grüße und Gottes Segen>
Ich bin Begeistert von dem Bericht von Daniel Vedder. Ich möchte mehr wissen über seine Arbeit.
Gott hat alles wunderbar geschaffen. Mir macht es Sorge mit dem Plastikmüll. Nur ein Beispiel.
Es ist faszinierend wie Gott den Kreislauf der Natur geschaffen hat. Er sprach es werde Licht und
es wurde Licht. Er spricht und es geschieht. Wir sollten uns der Verantwortung bewusst sein und
die Abholzung der Regenwälder stoppen. Keine Eingriffe in die Natur machen. Ingeborg