Was ist an diesem besonderen Abend passiert, den du erwähnt hast? Warum war er so entscheidend?
Ich war mit meinem Freund zum Essen verabredet. Ich wusste, dass er Christ ist. Wir wollten was zusammen unternehmen. Und dann sagte der so: „Hey, wir haben da in der Gemeinde so ein Event. Hast du Lust mitzukommen? Wir können ja danach noch essen gehen.“
Das war nicht das erste Mal, dass er mich zu sowas eingeladen hat. Bisher habe ich aber immer abgesagt. In dem Zustand wäre ich niemals von selbst in so eine Gemeinde gegangen. Aber an dem Abend hat es mir leidgetan, dass ich schon so oft abgesagt hatte. Meinem Freund zuliebe bin ich deshalb mitgegangen. Wir waren ja eh verabredet und ich hatte mir an dem Abend nichts anderes vorgenommen. Ich bin aber mit der Einstellung hingefahren, dass mich dieser Glaube nicht interessiert. Mir war alles egal. Ich war einfach dabei, um das abzuhaken und dann mit meinem Freund was unternehmen zu können. Ich hatte ja auch noch die Sache mit meinem Opa im Kopf.
Wie lange war der Tod deines Opas inzwischen her?
Gute Frage! Ich glaube, ein halbes Jahr oder so. Aber ich habe überhaupt nicht erwartet, dass ich in dieser Gemeinde Antworten auf Fragen bekomme, die ich hatte. Ich habe eigentlich eher alles verdrängt.
Du bist dann also mit deinem Freund zu dieser Gemeindeveranstaltung gegangen. Wie war dein erster Eindruck? Wie war dieser Abend dort für dich?
Ich weiß noch ganz genau, wie das war, als ich in das Gemeindehaus reinkam. Du musst wissen, es war Oktober. Draußen war‘s voll kalt, nass und unangenehm. Aber in dem Gemeindehaus war es einfach so warm und gemütlich. Draußen war es dunkel, aber innen brannte Licht. Es war eine herzliche Atmosphäre. Unabhängig von den Menschen erst mal, weil ich die gar nicht so wahrgenommen habe. Ich habe mich dort einfach direkt wohlgefühlt.
Und dann erinnere ich mich noch, wie der Prediger angefangen hat zu sprechen. Es ging um Himmel und Hölle. Ich kann dir nicht mehr sagen, was er genau gepredigt hat. Aber ich weiß noch ganz genau, dass ich in dem Moment überhaupt nicht verstanden habe, was plötzlich in mir abgeht. Wie gesagt, ich war mit der Einstellung da, nicht zuhören zu wollen. Aber ich konnte einfach nicht anders. Ich war total gefesselt und ich musste einfach zuhören. Dann habe ich angefangen, ein bisschen zu zittern. Ich war voll nervös und wusste gar nicht warum. Ich hatte Gänsehaut, musste zwischendurch auch mit den Tränen kämpfen.
Am Ende der Predigt wurde dann dazu eingeladen, in einen Seelsorgeraum zu kommen und Fragen zu stellen oder zu beten, wenn man das möchte. Normalerweise wäre ich niemals in so einen Raum gegangen. Mir war immer wichtig, was meine Freunde und Kollegen von mir denken. Vor aller Augen in so einen Raum zu gehen, wäre mir viel zu peinlich gewesen. Plötzlich war aber mein Wunsch so groß: Ich musste da einfach hin.
Was andere von mir denken könnten, war plötzlich total egal. Ich habe alles ausgeblendet und nur mich und Gott gesehen. Wie gesagt, von der Predigt selbst habe ich nicht viel verstanden. Aber ich habe verstanden: Wenn es diesen Gott gibt, von dem die Leute hier alle reden und ich eines Tages vor ihm stehen muss, dann habe ich keine Chance. Ich dachte eigentlich immer, ich bin ein guter Mensch. Ich hatte keine großen Probleme. Ich stand auch nicht in einer Lebenskrise oder so. Aber trotzdem habe ich gemerkt, wenn dieser Gott so ist und es ihn gibt, dann habe ich keine Chance und ich brauche Hilfe. Dann wurde mir das Evangelium nochmal erklärt. Ja, und dann habe ich einfach an dem Abend mein Leben Jesus gegeben, also direkt. Ich habe da gar nicht gezögert oder so, auch wenn ich noch nicht recht verstanden habe, was für Konsequenzen dieser Schritt hat.
Wie hast du Jesus dein Leben übergeben?
Ja, das war so ein Gebet, das mir erklärt wurde und das ich dann nachgebetet habe. Ich kannte ja nichts von der Bibel, hatte keine Erfahrungen und so. Deswegen war das total hilfreich. Ich habe danach aber auch noch mit meinen eigenen Worten dem Herrn gedankt. Der Wortlaut war aber im Grunde auch gar nicht so wichtig. Fakt ist, ich habe an diesem Abend Jesus mein Leben anvertraut und das ist vor allem in meinem Herzen passiert. Mir war klar, dass ich Jesus in meinem Leben will und dass ich ihn brauche.
Nach diesem Gebet hat sich alles direkt anders angefühlt. Das war schon verrückt. Ich habe die Augen aufgemacht und hatte das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Das war krass. Ich bin am nächsten Tag zur Arbeit gegangen. Und ich hatte das Gefühl, dass irgendjemand mit mir geht. Ich hatte das Gefühl, dass es diesen Gott wirklich gibt, von dem alle reden. Ab da wurde die Rolle von meinem Freund erst so richtig wichtig. Ich glaube, da fing seine Arbeit mit mir erst so richtig an.
Wie meinst du das? Was ist dann passiert? Wie hat sich dein Leben in den Wochen direkt danach verändert?
Ja, ehrlich gesagt, habe ich erstmal mit meiner Freundin Schluss gemacht, die ich zu dem Zeitpunkt hatte. Ich glaube, das war dann so ein bis zwei Wochen später.
Warum das? Gehört das dazu, wenn man Christ wird?
In meinem Fall war es auf jeden Fall so. Nachdem ich Christ geworden bin, habe ich mir einfach viel grundsätzlicher Gedanken über mein Leben gemacht, also auch über mein bisheriges Leben. Dabei ist mir klar geworden, dass die Beziehung zu meiner damaligen Freundin auf Dauer nicht funktionieren kann.
Das hatte einerseits ganz praktische Gründe. Damals hat sich eh alles verändert, weil sie zum Studium weggezogen ist. Anderseits hat sich einfach meine Sicht auf die Dinge verändert. Bis dahin wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass Religion irgendwie ein Hindernis für eine Beziehung sein kann. Aber heute würde ich schon sagen, dass der Glaube etwas Grundsätzliches ist und große Auswirkungen darauf hat, wie ich mein Leben gestalten und leben möchte. Wenn meine Partnerin das anders sieht, gibt es schon viele Themen, über die wir uns uneinig sein können. Zum Beispiel die Frage nach dem Zusammenwohnen oder Sex vor der Ehe oder der Umgang mit Schuld und Vergebung. Ich weiß nicht, ob ich damals wirklich schon den Blick für all das hatte – vielleicht ein bisschen. Auf jeden Fall habe ich einfach gemerkt, dass dieser Schritt für mich dran ist.
Mir war klar, dass das mit uns so nicht hätte klappen können. Ich bin heute davon überzeugt, dass Gott in mir gewirkt hat, damit ich diesen Schritt so schnell tun konnte. Und das war gut so! Ich habe keine Ahnung, wo ich heute stehen würde, aber ich bin sehr dankbar, dass es so passiert ist. Für sie war das natürlich voll der Schock – eigentlich für mein ganzes Umfeld. Wir zwei waren jetzt nicht unbekannt in der Gegend und da gab es einige, die gedacht haben: „Was macht der Maik da?“
Aber da war dann zum Beispiel mein Freund total für mich da. Er hat diese ganzen Phasen mit mir durchgemacht.
Nächste Woche erfährst du im dritten und letzten Teil des Interviews, wie Maiks Freund ihn weiterhin begleitet hat, wie seine anderen Freunde auf seinen Sinneswandel reagiert haben und was aus Maiks Angst vor dem Tod geworden ist.
Klicke hier um zu Teil 1 des Interviews zu gelangen.